SPD-Fraktion fordert kostenlose Periodenprodukte

11.12.2022: Auf allen öffentlichen Toiletten sollen kostenlos Tampons und Binden bereitstehen

SPD-Fraktion fordert kostenlose Periodenprodukte

Warum wir über Menstruation reden müssen

Die monatliche Regelblutung, Periode oder auch Menstruation ist immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema. Etwa 500mal im Leben müssen Mädchen und Frauen dieser Herausforderung begegnen. In einem streng getakteten Alltag tritt die Regelblutung oftmals überraschend und zu einem absolut ungünstigen Zeitpunkt auf, sodass entsprechende Hygieneartikel wie Damenbinden, Tampons, Menstruationstassen oder Periodenunterwäsche immer griffbereit sein sollten.

Jede Blutung erfordert also eine Art Logistik, ist für viele mit Schmerzen verbunden, erzeugt außerdem zumeist ein Stressgefühl, weil es sich um ein absolut schambesetztes Thema handelt und ist darüber hinaus auch eine finanzielle Belastung. Auch strukturell ist Frau alleingelassen. So ist bspw. der ALG-2-Regelsatz für Gesundheits- und Pflegeartikel nicht geschlechtsspezifisch. Die monatlich vorgesehenen 17,02€ sind für den Kauf notwendiger Produkte (Tampons, Binden, Schmerzmittel etc.) schnell erreicht. Mädchen und Frauen sind z.T. gezwungen, sich irgendwie mit Stoffresten oder Klopapier zu behelfen. „Periodenarmut“ heißt dieses gesellschaftliche Problem.
Britische Studien belegen, dass sich 10% der Mädchen im Schulalter keine Periodenprodukte leisten können. Berichte von SchulsozialarbeiterInnen und LehrerInnen zeichnen ein ähnliches Bild für Deutschland. In Schottland, Frankreich oder Neuseeland werden inzwischen bereits kostenlose Periodenprodukte auf öffentlichen Toiletten zur Verfügung gestellt. Auch die ersten deutschen Kommunen folgen diesem Beispiel. Wir als SPD-Fraktion wollten mit diesem Antrag ganz konkrete Hilfe leisten, zur Enttabuisierung der Periode beitragen und Vorbild sein für andere Gemeinden.

Und nun zum Ausgang der Geschichte – sie ahnen es, der Antrag wurde abgelehnt – und zu den absurden Gegenargumenten der vielen Männer(!) des Hövelhofer Rates:

Der Antrag sei abgeschrieben.

Stimmt! Weil das Problem allerorts dasselbe ist und es uns nicht um literarische Hochgenüsse geht, sondern um die Darstellung eines gesellschaftlichen Missstandes und eines ersten Lö sungsvorschlages.

Der Begriff „Periodenarmut“ sei den meisten neu.

Das war noch zu keiner Zeit eine hinreichende Begründung, warum man einer Sache ableh nend gegenübersteht. Wer aus Prinzip alles neue ablehnt, wird zum Totengräber jeder Zu kunft, die nach gleichberechtigter Teilhabe und nach einem Ende geschlechtsspezifischer Be nachteiligung und Diskriminierung strebt.

Das Problem der Periodenarmut könne in Hövelhof nicht gelöst werden.

Das gilt für alle gesamtgesellschaftlichen Problemlagen und trotzdem sind wir in Hövelhof Teil eines großen Ganzen. Wir tragen Verantwortung dafür, ein Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen und praktische Hilfe zu leisten.

Männer würden auch nicht bei ihrer Rasur unterstützt.

Sprachlos vor Entsetzen! Zu dieser Frechheit fällt uns tatsächlich nichts mehr ein. Die weibliche Regelblutung ist gesellschaftlich tabuisiert, immer noch schambehaftet und wird als individuelles Problem der Frau abgetan. Wir werden weiter politisch einfordern, dass man auch in Hövelhof diesem besonderen Belang von Frauen gerecht wird. So selbstverständlich, wie sich auf öffentlichen Toiletten der Pöter mit bereitgestelltem Klopapier abgewischt wird, so selbstverständlich sollte jede Frau, die ihre Periode hat, Zugang zu notwendigen Damenhygieneartikeln haben.

Und um unseren Appell mit den Worten eines namhaften Herstellers für Damenbinden Nachdruck zu verleihen: Schreib‘ die Regel neu! Der Rat der Sennegemeinde und insbesondere die Mehrheitspartei sind in der Verantwortung, die Politik also die Regeln dieses Ortes zu machen. Wir müssen es zur Regel machen, dass die Regel der Frau als besondere Belastung wahrgenommen wird und praktische Hilfen geleistet werden! Kein (Rats-)Mann hätte dabei etwas zu verlieren, wohingegen menstruierende Frauen so viel gewännen, weil sie in Fragen der „Periodenlogistik“ entlastet würden.
Der Antrag wurde abgelehnt – damit ist die Politik in Hövelhof eine Enttäuschung für jede Wählerin, für jede menstruierende Frau.

Foto von Natracare auf Unsplash.