Haushaltsrede 2022 der SPD-Fraktion

8.12.2022: Die Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Simon Farr vom 08.12.2022 finden Sie hier im Volltext.

Haushaltsrede 2022 der SPD-Fraktion

Sehr geehrte Mitglieder des Rates, Vertreterinnen und Vertreter der Presse, Mitarbeitende der Verwaltung, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Hövelhoferinnen und Hövelhofer,

2022 neigt sich dem Ende zu und es ist an der Zeit, neugewonnene und womöglich altbekannte Erkenntnisse eines Jahres zu rekapitulieren:

Die letzte Haushaltsrede war zu lang, deshalb wird diese kürzer. Wir setzen daher heute einige Schwerpunkte, obgleich die CDU und Sie Herr Berens genug Anlass gegeben haben, dass man hier vermutlich ein füllendes Abendprogramm bestreiten könnte.

Wir alle sind krisengebeutelt! Existenzielle Bedrohungen, wie der Klimawandel, die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine und andernorts, lasten auf den Menschen, insbesondere auf der jungen Generation und belasten massiv den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Angst ist Nährboden für Populismus, für politische Extreme, für Hass und Hetze und damit eine reale Gefahr für unsere Demokratie. Frieden und Freiheit sind keine Naturgesetze und müssen im gesellschaftlichen Diskurs immer neu verhandelt, erarbeitet und bewahrt werden. Und obwohl wir uns als SPD stets der Progressivität und nicht dem Konservatismus verpflichtet fühlen, halten wir es an dieser Stelle wie der große Sir Winston Churchill: "Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – mit Ausnahme all der anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert wurden." (https://www.grimme-lab.de/2017/04/11/demokratie-dieschlechteste-aller-regierungsformen/)

Auch in Hövelhof müssen wir Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit finden. Anstatt die Vergangenheit zu verklären, muss nachhaltig an Gegenwart und Zukunft gearbeitet werden. Im Bericht des Club of Rome, eine internationale Expertenvereinigung, die sich mit der Zukunftsfähigkeit der Menschheit beschäftigt, brachte es auf den Punkt: Wir benötigen eine „außerordentliche Kehrtwende“ in beinahe allen Bereichen.

Wir müssen jetzt umdenken und wir müssen jetzt handeln gegen die Armut, gegen die Ungleichheit, für die Gleichstellung, für eine naturverträgliche Landwirtschaft, und für die Energiewende – denn am Ende hängt alles zusammen. Im Großen, wie im Kleinen. Ja, auch bei uns hier in Hövelhof.

Politik muss den Weg bereiten, muss Fürsorge und Vorsorge gleichermaßen betreiben, muss ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Grenzen von Wachstum schaffen und muss selber Vorbild sein.Das heißt, dass wir alle in Hövelhof begreifen müssen, dass wir nicht mehr über unseren finanziellen und materiellen Verhältnissen leben können. Die sich verschärfenden allgemeinen Rahmenbedingungen und das glücklicherweise hohe Gewerbesteueraufkommen kaschieren die Versäumnisse des Bürgermeisters.

Eine langfristige strategische Ausrichtung sowie eine entsprechende Finanzplanung fehlen in Hövelhof gänzlich. Die aktuelle Ausgabenpolitik ist unübersichtlich und in jedem Fall defizitär. Im Haushaltsplan 2023 wird mit einem Fehlbetrag von 3,2 Millionen Euro gerechnet, weshalb ein ausgeglichener Haushalt nur durch den Abbau der Ausgleichsrücklage realisiert werden kann.

Die Ausgleichsrücklage wiederum wird in sehr absehbarer Zeit gänzlich abgeschmolzen sein. Das bedeutet, dass bei einer unveränderten örtlichen Ausgabenpolitik, die keinen Willen zur Sparsamkeit erkennen lässt, auf die Allgemeine Rücklage zurückgegriffen werden muss. Wird diese in mehr als zwei aufeinanderfolgenden Jahren planmäßig um mehr als 5% geschmälert, gerät Hövelhof in die Haushaltssicherung. "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not." Wer in guten Zeiten vorsorgt und Reserven anlegt, lebt davon in schlechten Zeiten“ haben Sie in Ihrer Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs Anfang November gesagt. Was die finanzielle Zukunft der Gemeinde Hövelhof angeht, haben Sie Ihren eigenen Ratschlag scheinbar nicht beherzigt. Stattdessenäußern Sie, dass wir in den nächsten Jahren nichts mit einer Haushaltssicherung zu tun haben werden. Wenn wir uns nicht anstrengen und unsere Ausgaben prüfen, werden wir in den nächsten Jahren in die Haushaltssicherung gehen müssen. Sehenden Auges.

Als Bürgermeister haben Sie es versäumt und versäumen es noch immer, die Menschen in Hövelhof ernsthaft mitzunehmen. Der Gürtel muss enger geschnallt werden. So wurde in Hövelhof bspw. eine Gebührenerhöhung bei Müllabfuhr, Frisch- und Abwasser nicht verstetigt, stattdessen sehen sich BürgerInnen in diesen schweren Krisenjahren mit deutlichen Preissprüngen konfrontiert.

Herr Berens, Sie proklamieren die Zeit des Zusammenhalts, die Zeit der Menschen, die Politik wirklich als Dienst für die Gesellschaft verstehen – solche Menschen sind wir! Wir alle, naja fast alle, leben die Demokratie und arbeiten dafür ehrenamtlich sehr hart. Wenn Sie also ehrlich gemeinsam durch die Krise gehen wollen, dann müssen Sie Dinge ändern und allen den gleichen Respekt zuteilwerden lassen, den Sie für sich und Ihre Partei einfordern. Das heißt konkret, thematisieren wir Prozessfehler und Unstimmigkeiten.

Nehmen wir als Beispiel die Vergabe von Grundstücken in Riege diesen Jahres. Augenscheinlich wurden zwei Vereinigungen, diemit Ihnen oder Vertreterinnen und Vertretern der CDU-Fraktion eng in Verbindung stehen bei der Vergabe von Punkten nicht gemäß der Richtlinie bepunktet. Die antragstellenden Personen dieser Vereinigungen wurden scheinbar bevorzugt. Bereits bei der Akteneinsichtnahme durch mich sind diese Unregelmäßigkeiten verbalisiert worden. Sie haben hierdurch Kenntnis erlangt. Es ist daher Ihre Pflicht, sich

  • erstens der Sache ernsthaft anzunehmen,
  • zweitens Fehler oder zweifelhafte Entscheidungen zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürern kritisch zu hinterfragen und zu korrigieren,
  • drittens in der Sitzung sachlich zu bleiben und uns ihre cholerischen Entgleisungen und persönlichen Attacken zu ersparen.

Die SPD Fraktion hat in besagter Sitzung einen gestaltungsoffenen Antrag gestellt, um die Grundstücksvergaberichtlinien gemeinsam auszuarbeiten und zukünftigen Interessenten größtmögliche Gerechtigkeit und Transparenz bei der Punktevergabe zu garantieren – der Antrag wurde abgelehnt. Oh Wunder, durch die CDU Mehrheitsfraktion. Aber warum wohl?

Aber anstatt sich lautstark darüber zu beklagen und zu echoffieren, dass wir Ihnen Mauschelei und Kungelei vorwerfen, hören Sie doch einfach damit auf. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit immer noch belastet durch Schikanen bei der Weitergabe von entscheidungsrelevanten Informationen und beim Zugang zu für uns wichtiger Expertise aus der Verwaltung. Warum wurden bspw. die arbeitsintensiven letzten 4 Wochen der Haushaltsberatungen von Ihnen zusätzlich dadurch erschwert, dass Sie uns Gespräche mit anderen Amtsleitungen als dem Kämmerer versagt haben? Und warum erfährt die CDU diesbezüglich eine andere, eine bessere Behandlung und hat u.a. die Bauamtsleitung während ihrer Klausurberatung zu Gast?

Sie sind auch nach so langer Zeit als Bürgermeister dieses Ortes scheinbar nicht in der Lage, ein professionelles Arbeiten mit ihrem Gemeinderat zu ermöglichen. Und Sie fragen sich ernsthaft warum wir von Mauschelei und Kungelei sprechen?

Ein weiterer Denkanstoß sei mir erlaubt: Ludwig Wittgenstein, einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, der u.a. wichtige Beiträge zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins lieferte, hat gesagt: "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt!" Wenn im Bau- und Umweltausschuss die CDU-Fraktion ernsthaft und öffentlich in Erwägung zieht, einem inhaltlich wichtigen Antrag der SPD-Fraktion nicht zuzustimmen, weil wir darin gendern, was sagt das über die engen Grenzen dieser Personen, dieser Fraktion aus? Wir sind schockiert, wie unsachlich man mit Themen von Ihrer Seite aus umgeht. So wollen sie also das Beste für unseren schönen Ort Hövelhof erreichen. Interessant. In dem Willen und dem Bewusstsein, dass diese, unsere Gesellschaft frei und demokratisch sein soll, muss auch die Sprache frei sein.

Auch für 2023 wünschen wir uns endlich einen produktiven Dialog unter den Ratsparteien und mit dem Bürgermeister, denn wir sind gleichfalls davon überzeugt, dass wir die Herausforderungen der kommenden Jahre nur meistern, wenn wir Kompetenzen bündeln und wenn wir einander politisch und persönlich respektieren.

Im Namen der SPD-Fraktion danke ich allen Verwaltungsmitarbeitenden – ob auf dem Bauhof, in den Kindertageseinrichtungen, im HoT oder im Amt, sie alle haben trotz dieser schwierigen Umstände und Führung alles gegeben. Dafür möchten wir Ihnen von Herzen danken.

Wir wünschen allen Anwesenden und allen HövelhoferInnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Trotz allem freuen wir uns auf das nächste Jahr und versprechen insbesondere den BürgerInnen schon jetzt, dass wir auch in 2023 hart dafür arbeiten werden, um das Beste für alle in Hövelhof lebende Menschen zu erreichen.

Ihnen Alles Gute.